Mit Kater Baldrian ins Reich der Träume
Heidelberger Gutenachtgeschichten von Dr. Adalbert Olschewski-Hattenhauer und Sandra Tessa
Mit Geschichten vom Kater Baldrian schlafen Kinder besser. Dr. Adalbert Olschewski-Hattenhauer hat sie sich für seine Töchter Sandra Tessa und Amber ausgedacht. Foto Garcia
Aus der Rhein-Neckar-Zeitung von Ingeborg Salomon
Mit Kater Baldrian kehrt Ruhe ein im Kinderzimmer. Denn dieser dicke, rote Kater räkelt sich, schnurrt wohlig, fühlt sich ganz warm und gut - und schläft schließlich ein. Und das Kind, das vorher nicht einschlafen konnte, meist mit ihm. Einschlafgeschichten mit dem Kater Baldrian" heißt das bezaubernde Kinderbuch, das Dr. Adalbert Olschewski-Hattenhauer und seine Tochter Sandra Tessa geschrieben haben. Sie basieren auf Grundideen der modernen Psychotherapie und auf zeitgemäßen Entspannungsmethoden.
Dr. Olschewski-Hattenhauer ist Facharzt für Innere Medizin und für Psychotherapeutische Medizin, für Naturheilverfahren und für Rehabilitationswesen. Als Medizinischer Leiter der Heidelberger Akademie für Gesundheitsbildung gibt er auch Kurse in autogenem Training. "Wir leben in einer Zeit enormer Bilderüberflutung, und viele Menschen können mit Begriffen wie 'Ruhe, Schwere, Wärme' kaum noch etwas verbinden", so der Mediziner. Deshalb sei es wichtig, bei Entspannungsübungen auf den Erfahrungshorizont des Klienten zurückzugreifen.
— Mit Grundideen der modernen Psychotherapie —
Das tut Kater Baldrian seine Gefühlswelt entspricht der von Kindern. Zu Beginn des Buches fühlt er sich einsam und traurig, denn seine Familie ist verreist. Papa, Mama und die beiden Töchter Sandra Tessa und Amber sind' nach Bayern gefahren, wie das auch die Original-Familie gelegentlich tut. Die vier leben in Handschuhsheim, ebenso Tante Maud und die Großeltern, die in dem Buch auch auftreten. Einen Kater hatten die Olschewski-Hattenhauers übrigens - auch einige Jahre, allerdings hieß der "Minou".
Kater Baldrian macht sich im Buch mit Hilfe seiner eleganten Katzenfreundin Mira auf den Weg zu seiner Familie und erlebt einige Abenteuer. Alle Kapitel haben die handliche Länge von etwa einer DIN A4-Seite, gerade geeignet, sie einem Kind als Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Und wenn Kater Baldrian dann am Ende jedes Kapitels ganz müde wird, sich gemütlich zusammenkuschelt und ganz ruhig atmet, sind die kleinen Zuhörer aufgefordert, das Gleiche zu tun.
Dagmar Kuntz hat das Buch, das letztes Jahr im Heidelberger Signum-Verlag erschienen ist, liebevoll illustriert. Sie ist Kinderkrankenschwester im Krankenhaus Salem und weiß, wie schwer es gerade auch für kranke Kinder ist, abends zur Ruhe zu
kommen. Ihre Zeichnungen strahlen viel lebendige Fröhlichkeit aus, und sie hat zudem witzige Einfälle. So ist auf manchen Bildern eine kleine Maus versteckt, die es zu entdecken gilt.
Seine jetzt neun und sechs Jahre alten Töchter haben Dr. Olschewski-Hattenhauer zu so vielen Geschichten inspiriert, dass das Buch vom Kater Baldrian gar nicht ausreicht~ sie alle zu erzählen. Ein zweites steckt' schon im PC", berichtet der vielbeschäftigte Autor der RNZ. Darin kommen die Kuscheltiere von Amber zu Wort, die auch so allerlei erleben. Da gibt es eine Eule, die zaubern Und durch ein Augen-Blinzeln die Zeit anhalten kann, und es gibt den Teddy "Gotti", der nicht einschlafen kann. Ihre leibhaftigen Vorbilder sitzen im Kinderzimmer der Mädchen, und da sitzt auch der Kater Baldrian in Plüsch, dick, rot und gemütlich.
Die meisten Eltern lesen ihren Kindern vor dem Einschlafen vor. Als Lesestoff verwenden sie dabei häufig die Märchen und Vorlesegeschichten, die ihnen selbst einmal vorgelesen wurden beispielsweise die Grimm´schen Märchen, oder sie greifen zu einem der zahlreichen Bücher mit modernen Gute-Nacht-Geschichten oder Entspannungsübungen, die im Buchhandel angeboten werden.
Mit den antiquierten Geschichten, die damals vor allem der Vermittlung von Erziehungsinhalten dienten, können Kinder heute jedoch meist wenig anfangen. Einige träumen auf Grund der teilweise erschreckenden Inhalte danach schlecht.
Die Einschlafgeschichten mit dem Kater Baldrian basieren auf Grundideen der modernen Psychotherapie und auf zeitgemäßen Entspannungsmethoden. Zusätzlich bieten die Geschichten die Möglichkeit zur Bearbeitung bestimmter Problemfelder, die sich im Kindesalter und in einem kindlichen Umfeld in unserer Zeit typischer weise ergeben.
Die von Dagmar Kuntz liebevoll gestalteten Bilder sollen die Kinder mit assoziativ angenehm besetzten Farben und Formen in den Schlaf begleiten indem schöne innere Bilder und Erfahrungen, die mit Ruhe und Wohlbefinden verbunden sind, abgerufen und dadurch für die kleinen Zuhörer erlebbar gemacht werden. Der Kater Baldrian erlebt dann innerhalb der Geschichte ebenfalls angenehme Momente der Entspannung. Sobald er sich mehr und mehr auf innere Bilder konzentriert und die schöne Blumenwiese vor sich sieht, auf der zwei kleine Mädchen auf ihn warten, fängt er an, langsam einzuschlafen. Die zuhörenden Kinder sollen ihm dabei langsam folgen.
Dagmar Kuntz ist Kinderkrankenschwester im Heidelberger Salem-Krankenhaus. Im Rahmen ihrer Nachtdienste auf der Säuglingsstation hat sie umfangreiche Erfahrungen mit Einschlafproblemen. Um die Kleinen zum Schlafen zu bringen setzt Sie unter anderem entspannende Musik erfolgreich ein.
Dagmar Kuntz leitet die Elternschule am Salem-Krankenhaus. Einschlafen ist auch hier ein wichtiger Beratungsbereich, in dem sie dem Eltern aus ihrer reichen Erfahrung Tipps geben kann. Das Kinderbuchprojekt "Einschlafgeschichten mit dem Kater Baldrian", das demnächst fortgesetzt werden wird, ist hier eine wertvolle zusätzliche Hilfe.
Praktisches Vorgehen
Vor Beginn der eigentlichen Einschlafgeschichte soll ein immer gleiches Einschlafritual durchgeführt werden, das Sie einmal festlegen und dann beibehalten sollten (Beispiel: zuerst Zähne putzen, dann Gesicht waschen, ausziehen, Schlafanzug anziehen, Geschichte vorlesen, beten und einschlafen).
Einführung in die Geschichte
Sie können zur Einführung in die Kater-Geschichte die unten vorgestellte Entspannungsübung (Einführungstext) oder auch einen abgewandelten eigenen Text benutzen, beispielsweise über eine Reise ins Traumland, ein Zusammentreffen mit der Vorlesefee oder die Einführungsgeschichte im Garten ... ablaufen lassen.
Die Einführung soll jeden Abend immer wieder in gleicher Weise durchgeführt werden. Wenn Sie wechseln wollen, nehmen Sie sich vor, die neue Variante mindestens für zwei Wochen beizubehalten.
Einführungstext:
Leg dich jetzt gemütlich in dein Bett und stell dir vor, du bist eine Katze, die auf dem Rücken in der Sonne liegt und sich ganz gemütlich streckt, räkelt und dehnt. Strecke, dehne und räkele auch du dich ein wenig. Wenn du gähnen musst, dann gähne ganz herzhaft und genieße es. Leg dich bequem unter deine Bettdecke, lasse beim Ausatmen die Luft einfach aus dir heraussinken und den Körper ganz locker werden. Mache eine kleine Pause, bevor du wieder einatmest. Liege ganz bequem, lasse das Einatmen ganz von selbst kommen. Stell dir vor, du liegst auf deiner Sonnenwiese. Die Sonne scheint auf deinen Bauch. Es wird vielleicht bald ganz warm werden. Vielleicht spürst du schon, wie sich der Bauch erwärmt. Deine Füße und deine Beine haben dich den ganzen Tag lang getragen, lass sie sich jetzt ausruhen. Lass sie ganz schwer werden. Das Bett trägt jetzt deine Beine. Deine Arme und deine Hände haben den Tag über so viel getan, jetzt dürfen sie ausruhen. Lass deine Hände und Arme ganz schwer sein. Lass deinen ganzen Körper schwer ins Bett sinken. Das Bett trägt dich jetzt. Und nun lese ich dir eine Geschichte vor.
Einschlafgeschichten mit dem Kater Baldrian
Thematisch ranken sich die an dieser Stelle folgenden Geschichten um den Kater Baldrian. Er ist ein munterer kleiner Kerl, der alleine oder zusammen mit dem kleinen Mädchen, bei dem er zu Hause ist, viele Abenteuer erlebt. Am Ende jeder Geschichte, die etwa dem Text einer Din A 4-Seite entspricht, schläft er ein. Auch die Kinder, die diese Geschichte vorgelesen bekommen, sollen nach der Geschichte einschlafen. Die Kater-Geschichten sind Teil einer größeren Fortsetzungshandlung.
Beispiel:
Kater Baldrian im Zug
Als der Kater Baldrian wieder aufwachte, stand der Zug, und er schreckte ein wenig hoch, denn es hätte ja sein können, dass er aussteigen musste. Er befand sich immer noch auf dem Schoß der netten Dame in dem roten, geblümten Kleid. Sie streichelte ihn und sagte: "Es ist noch genug Zeit. Du kannst noch lange schlafen, und ich werde aufpassen, liebe Katze, und dich in München rechtzeitig wecken. Ich selbst muss ja dort auch aussteigen." Baldrian streckte und räkelte sich. (Zu den zuhörenden Kindern: Strecke und räkle dich jetzt auch ein wenig, So wie eine Katze.) Die nette Dame erzählte von der Gegend, in die sie fahren wollte, von den hohen Bergen, den Seen, den kleinen Bächen mit klarem wohlschmeckendem kühlem Wasser. Sie erzählte von lustigem Vogelgezwitscher und wie schön sie es fand, wenn sie bei einem Waldspaziergang ein kleines Vögelchen sah, das sich im Bach badete, und dann erzählte sie noch von wunderbar schmeckenden Herzkirschen und leckerem Kaiserschmarrn, und sie erzählte von köstlich schmeckendem Apfelsaft, den der Bauer, bei dem sie wohnte, selbst gepresst hatte. "Miau!" sagte der Kater Baldrian. "Ich bin aber keine Katze, sondern ein Kater!". "Ach so. Tut mir Leid. Aber weißt du, das kann man, glaube ich, auf den ersten Blick gar nicht so leicht erkennen", und sie kraulte Kater Baldrian im Nacken, worauf er genüsslich schnurrte. "Wie heißt du denn, süßer Kater?" fragte sie. "Ich heiße Kater Baldrian" meinte der daraufhin und nahm wieder auf dem roten geblümten Kleid Platz. Seine Zugbegleiterin streichelte ihn weiter. "Und ich heiße Elfriede und besuche meine Schwester in München. Ich hoffe, wir werden viele lustige Sachen erleben, und vielleicht finde ich einen netten Mann, der sich genauso genüsslich von mir streicheln lässt wie du."
Kater Baldrian erzählte, warum er unterwegs war und was er vorhatte. Da kam gerade der Schaffner vorbei und fragte: "Haben Sie irgendeinen Wunsch?" Die nette Dame meinte: "Nun, wenn Sie mich so fragen, möchte ich am liebsten Obsttörtchen", und sie kicherte ein wenig, denn sie wusste, dass es im Zug keine Obsttörtchen gab. Aber sie wusste auch, dass der Schaffner ihr nur Getränke aus dem Speisewagen bringen würde. Und da sagte sie einfach: "Ein Glas Milch und einen Kaffee, bitte!". "Sehr wohl, meine Dame", meinte der Schaffner, und schon nach kurzer Zeit war er zurück und brachte auf einem Tablett ein Glas Milch mit einer Untertasse und auch eine Tasse Kaffee. Als er wieder gegangen war, schüttete die nette Frau ein wenig Milch in die Untertasse und setzte Kater Baldrian neben sich auf den Tisch. Während sie ihren Kaffee genoss, schlabberte der immer noch ein wenig müde Kater von der Milch. "Köstlich, einfach köstlich!" sagte er und streckte und reckte sich, und als er ein wenig wacher war, blickte er aus dem Fenster. Sie fuhren gerade durch eine schöne Landschaft mit vielen Hügeln, sehr viel Wald und Wiesen. Auf einigen Wiesen standen Kühe. So ein moderner Zug ist ganz schalldicht. Man kann nichts von draußen hören. Dennoch stellte sich Kater Baldrian vor, wie die Kuhglocken läuten und wie es sich anhört, wenn eine Kuh "Muh" ruft. Er sah in einem kleinen Dorf unten im Tal ein paar Kinder mit einem Ball spielen, aber der Zug war so schnell, dass sie schon in ein paar Sekunden wieder vorbeigehuscht waren. Dann sah er nach oben. Ein paar Schäfchenwolken zogen langsam vorbei. Es sah fast so aus, als würden sie mit dem Zug mitreisen. Alles andere, bis auf die Schäfchenwolken, flog ganz schnell vorbei. Und dann endlich kamen sie in München an. Kater Baldrian durfte sich auf die Schulter der netten Dame setzen, nachdem sie ihren Rollkoffer bereitgestellt und ihre Handtasche in die Hand genommen hatte. Die Tür öffnete sich mit einem "Piep, Piep, Piep, Piep", und die Frau stieg aus. Sie ließ ihr Gepäck von einem Gepäckträger tragen. Sie schaute noch einmal auf dem Fahrplan nach, auf welchem Bahnsteig ihr eigener Zug und der Zug, mit dem Kater Baldrian weiterfahren würde, abfuhr. "Oh, am gleichen Bahnsteig, nur ein anderes Gleis. Wir sind sozusagen Gleis-Nachbarn." Die nette Dame ging in ihr eigenes Abteil. Sie hatte einen Platz vorbestellt. Da sie noch ein paar Minuten Zeit hatte, brachte sie den Kater Baldrian zum Zug gegenüber. Der huschte schnell hinein und suchte sich einen Platz in der ersten Klasse. Dort stieg er auf einen Tisch am Fenster und winkte der netten Dame zu und wünschte ihr eine gute Reise. Kurz darauf hörte er den Pfiff des Schaffners, die nette Dame winkte noch ein wenig, als sich der Zug nach Berchtesgaden in Bewegung setzte. Baldrian sprang auf die Gepäckablage und kuschelte sich in einen Stapel Zeitungen, die jemand liegen gelassen hatte. Es war so gemütlich. Baldrian freute sich auf die beiden kleinen Mädchen. Er träumte von der Blumenwiese, den bunten Schmetterlingen, dem blauen Himmel, den Bergen im Sonnenschein, dem Vogelgezwitscher und wurde immer müder. Dann schlief er ein.